Beschlussvorschlag:
Die Stadtvertretung entscheidet in ihrer
Sitzung vom November, dass die Stadt:
1.
schrittweise auf allen kommunalen Flächen (Kulturland sowie
Nichtkulturland) keine
chemisch-synthetischen Pestizide (Pflanzenschutzmittel) einsetzt.
2. Private Dienstleistungsunternehmen, die den
Auftrag zur Pflege öffentlicher Flächen
erhalten, ebenfalls zu einem Pestizidverzicht verpflichtet.
3. bienen- und insektenfreundliche Blühflächen
(z.B. Grasfläche gegenüber des
Kulturhauses) oder Projekte initiiert.
4. bei der Verpachtung kommunaler Flächen für
eine landwirtschaftliche Nutzung ein
Verbot des Einsatzes von Pestiziden im Pachtvertrag verankert.
5. private Firmen mit kommunaler
Mehrheitsbeteiligung zur pestizidfreien
Bewirtschaftung auffordert.
6. Bürger*innen über die Bedeutung von
Biodiversität in der Stadt informiert und gleichzeitig Möglichkeiten zum Schutz
von Bestäubern wie Bienen und Wildbienen sowie giftfreie Maßnahmen beim
Gärtnern aufzeigt.
Sachdarstellung und Begründung:
In Städten und Gemeinden werden Pestizide
eingesetzt, um Wege in Parks, Sport- und Spielplätze, Grünanlagen oder
Straßenränder frei von unerwünschten Kräutern und Gräsern zu halten oder um
gegen ungeliebte Insekten vorzugehen. Viele der Mittel stehen im Verdacht,
Krebs zu erregen, die Fortpflanzung zu schädigen oder eine hormonelle Wirkung
zu haben. Auf öffentlichen Flächen wie beispielsweise Sport- und Spielplätzen
können die Wirkstoffe in direkten Kontakt mit den Bürger*innen kommen.
Insbesondere für Kinder und Schwangere ist das eine Gefahr. Auch Haustiere wie
Hunde und Katzen sind den Stoffen schutzlos ausgeliefert.
Für viele Tier- und Pflanzenarten im
städtischen Raum sind Pestizide ein Verhängnis. Denn nicht nur die
unerwünschten Wildkräuter und Insekten werden beseitigt, sondern auch
Honigbienen, Wildbienen, Schmetterlinge und Fledermäuse. Entweder töten und
schädigen Pestizide Insekten oder Wildkräuter direkt oder sie dezimieren ihren
Lebensraum und ihre Nahrung. Von den fast 600 Wildbienen-Arten in Deutschland
steht rund die Hälfte auf der Roten Liste. Dabei sind blütenbesuchende Insekten
unentbehrlich für die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen. Sie erhalten die
Pflanzenvielfalt und sichern landwirtschaftliche Erträge und damit unsere
Ernährung.
Laut Welternährungsorganisation sind weltweit
rund zwei Drittel unserer Nahrungspflanzen auf Bestäuber angewiesen. In Städten
und Gemeinden sichern Honigbienen, Wildbienen und
Schmetterlinge den Kleingärtnern eine gute
Obsternte und den Stadt-Imkern reichlich Honig.
Weltweit und auch in Deutschland erleben wir
einen zunehmenden Verlust der Artenvielfalt. Grund dafür ist vor allem die
intensive Landwirtschaft. Dort dominieren meist Monokulturen, die intensiv mit
Pestiziden gespritzt werden. Hecken oder Blühflächen, als Rückzugsgebiete und
Nahrung für viele Insekten, Vögel und Säugetiere fehlen oft komplett. Über
40.000 Tonnen Pestizide belasten jährlich in Deutschland die Umwelt, Tendenz
steigend. Das Ziel der Nationalen Biodiversitätsstrategie, den Verlust von
Arten zu stoppen, kann mit dem aktuellen Pestizideinsatz nicht erreicht werden.
Siedlungsgebiete sind oft letzte Rückzugsorte
für bedrohte Arten, die in der Agrarlandschaft keinen Lebensraum mehr finden.
Kommunen können hier Verantwortung und eine Vorreiterrolle für den Artenschutz
übernehmen, indem sie bei der Flächenpflege keine Pestizide einsetzen. Auch für
die menschliche Gesundheit, die Lebensqualität und den Tourismus ist der
Pestizidverzicht ein Gewinn.
Auf der Grundlage
der Berichtsvorlagen 031/18/30 und 100/18/30 und der Ursprungsvorlage
070/18/FR-BfB hat die Verwaltung die Empfehlungen der Gremien zusammengetragen.
Bedenken des
ABSVD:
Laut einer Studie kann beim Verzicht auf
Pflanzenschutzmitteln ein Ernteverlust bis zu 30% die Folge sein.
Fazit: Ein pauschales Verbot von Pflanzenschutzmitteln ist falsch.
Heute dienen Pflanzenschutzmittel meist zur Beeinflussung
des Pflanzenwachstums. Sie dienen zum Beispiel zur Erhöhung der Standfestigkeit
bei Getreide, Verbesserung der Bewurzelung, Verringerung der Pflanzenhöhe durch
Stauchung oder Verminderung der Keimung von Kartoffeln.
Bedenken des
AWTUOS:
Aus feuerwehrtechnischer Sicht, gilt es zu bedenken, dass die nicht gemähten Flächen bei einer langen Trockenzeit zu Trockengras werden. Bei keiner Bewirtschaftung wächst die Trockensubstanz an und es kommt bei einer Witterung wie der jetzigen zu Bränden. Bei der favorisierten Flächen gegenüber dem Kulturhaus könnte ein Brand verheerende Folgen für den umliegenden Wohnbereich haben.
Den Landwirten sollte die Empfehlung mitgegeben werden, einen sparsamen Gebrauch von Pflanzenschutzmitteln zu veranlassen. Wünschenswert ist ein Verzicht.
Anmerkung der Verwaltung: Im letzten Landpachtvertrag – Drucksache 032/18/30, den die Verwaltung abgeschlossen hat, wurde dieser Hinweis bereits aufgenommen.
„Die Einhaltung des Pflanzenschutzgesetzes in der jeweils
gültigen Fassung ist zu beachten. Der Pächter geht mit dem Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln auf den Pachtflächen schonend um. Wünschenswert wäre ein
Verzicht vom Einsatz der Pflanzenschutzmittel in jeglicher Form.“
Die Verwaltung soll prüfen, inwieweit es möglich ist, Fördermittel für die insektenfreundliche Umgestaltung der Fläche in Boizenburg/Elbe in Anspruch zu nehmen.
Der Ausschuss wies auf einen entsprechenden Zeitungsartikel hin, in dem berichtet wird, dass die Bundesregierung 5 Mio. Euro als Sofortmaßnahme für den Insektenschutz bereitstellt.
Alternativen:
Die brachliegenden
Gärten der Stadt Boizenburg und in den umliegenden Kleingartenanlagen,
ungenutzte Grünflächen, Straßenbegleitgrün könnten mit Bienen- und
Schmetterlingsfreundlichen Pflanzen bepflanzt werden. Auch bei erforderlichen
Ausgleichsmaßnahmen wirkt die Verwaltung derzeit auf Anpflanzungen hin, die
Insektenfreundlich sind. Damit könnte der Erhalt der biologischen Vielfalt
unterstützt werden.
Die Verwaltung
strebt die Aufstellung von Insektenhotels an. Frühblüher können im
Straßenbegleitgrün auf Verkehrsinseln und in den Baumscheiben gepflanzt werden.
Der Ausschuss für Bau, Stadtplanung, Verkehr und Denkmalschutz hat auf seiner Sitzung am 14.08.2018 eine Einzelabstimmung des Beschlussvorschlages der Vorlage 100/18/30/01 vorgenommen.
Der Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus, Umwelt, Ordnung und Sicherheit hat auf seiner Sitzung am 29.08.2018 dem gesamten Beschlussvorschlag der Vorlage 100/18/30/01 mit dem Abstimmungsergebnis: 4/2/0 zugestimmt.
Beschlussvorschlag der Vorlage 100/18/30/01
1. Die
Stadtvertretung der Stadt Boizenburg/Elbe beschließt auf ihrer Sitzung am
13.09.2018 kein Verbot der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.
ABSVD: 4/1/0
2. In Pachtverträgen
mit Landwirten wird zukünftig auf den sparsamen Umgang mit
Pflanzenschutzmitteln und den wünschenswerten Verzicht auf Pflanzenschutzmittel
hingewiesen werden.
ABSVD: 4/1/0
3. Die Verwaltung
wird beauftragt, sich über Fördermöglichkeiten für insektenfreundliche
Gestaltungen der städtischen Grünflächen zu informieren.
ABSVD: 5/0/0
4. Die Verwaltung
wird beauftragt, mögliche Alternativen wie: die Bepflanzung mit Bienen- und
Schmetterlingsfreundlichen Pflanzen in brachliegender Gärten der Stadt
Boizenburg und in den umliegenden Kleingartenanlagen, ungenutzten Grünflächen und dem Straßenbegleitgrün zu veranlassen.
Bei erforderlichen
Ausgleichsmaßnahmen soll die Verwaltung ebenfalls auf die Anpflanzung von
Insektenfreundlichen Pflanzen hinwirken.
Die Aufstellung von
Insektenhotels und die Anpflanzung von Frühblüher im Straßenbegleitgrün, auf
Verkehrsinseln und in den Baumscheiben soll die Verwaltung prüfen und ggf.
umsetzen.
ABSVD: 5/0/0
Hinweis: Am 14. August 2018 hat eine Mitarbeiterin an
der Veranstaltung des Biosphärenreservat Schaalsee „Biosphäre blüht“ Projekt
zum Schutz der Wildbienen teilgenommen.
Hier wurden den
Unterstützern für Blühstreifen- und Wildbienenprojekten Wildsamenmischungen zur
Verfügung gestellt.
Die Verwaltung hat
zwei verschiedene Mischungen erhalten, die auf zirka 2.000 m² aufgebracht
werden können. Das Saatgut beinhaltet mehrjährig blühende Wildpflanzen, die
einerseits auf Straßenbegleitflächen als auch auf Grünflächen aufgebracht
werden können.
Im Frühjahr 2019
wird die Aussaat erfolgen
Die ersten
Keimlinge sollen bei feuchter Witterung bereits nach 2-3 Wochen erscheinen. Die
Entwicklung der Wildpflanzen erstreckt sich über eine ganze Vegetationsperiode.
Einige Samen sind hartschalig und keimen erst im folgenden Frühjahr.
Anlagen: Antrag der Fraktion BfB vom 23.03.2018